Atomkraft auf einen Blick

Atomstrom ist im Betrieb CO2-frei und deckt aktuell ca. 37% des Schweizer Stromverbrauchs ab

Atomenergie ist Bandenergie, was besonders im Winterhalbjahr wichtig ist, und liefert zuverlässig das ganze Jahr Strom

Leistet wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit – der Brennstoff für mehrere Jahre kann dank seiner hohen Energiedichte auf kleinem Raum vor Ort gelagert werden

Mangels öffentlicher Akzeptanz und billiger Verfügbarkeit fossiler Brennstoffe wurde die Weiterentwicklung der Atomkraft in vielen westlichen Ländern vernachlässigt

Im Kampf gegen den Klimawandel hat die Entwicklung neuer Reaktorgenerationen wieder Fahrt aufgenommen, mit Reaktorsicherheit, Kosten und Reduktion des Abfalles im Fokus

Grundlagen

In Atomkraftwerken entsteht Energie durch die Spaltung von Atomkernen durch Beschuss mit Neutronen. Dabei wird in einer kontrollierten Kettenreaktion innerhalb des Reaktors ein kleiner Teil der Masse in Energie umgewandelt – dies erfolgt nach Einsteins bekannter Formel E=Δm x c2 (Δm=Massenverlust bei der Kernspaltung, c = Lichtgeschwindigkeit).

Mit der dabei entstehenden Wärme wird Wasserdampf erzeugt. Dieser wird mit hohem Druck in Dampfturbinen geleitet, die wiederum Stromgeneratoren antreiben und so CO2-freien Strom erzeugen. Im Verhältnis zu konventionellen Brennstoffen, wie Öl, Kohle und Gas, wird mit Kernspaltung pro kg Brennstoff etwa 1 Million mal mehr Energie (10 GWh/kg) erzeugt.

Als Beispiel: Das Kernkraftwerk Gösgen verbraucht ca. 20Tonnen Uran pro Jahr und produziert daraus ca. 8 TWh Strom oder 13 % des Schweizer Stroms. Da Kernbrennstoffe wie Uran gut über Jahre auf wenig Raum gelagert werden können, steigern Atomkraftwerke die Versorgungssicherheit eines Landes.

Kernspaltung erzeugt CO-frei pro kg Brennstoff ca. 1 Million x mehr Energie als konventionelle Brennstoffe wie Öl, Gas oder Kohle.

Seit den 1950er-Jahren wird Kernkraft zur Produktion von Elektrizität genutzt. Der erste kommerzielle Reaktor wurde in der Schweiz im Juli 1969 (Beznau 1, KKW-Generation 2) in Betrieb genommen. Zurzeit sind weltweit rund 430 Reaktoren in 33 Ländern in Betrieb – sie produzieren gemeinsam rund 10% des weltweiten Stroms.

Ca. 60 weitere sind aktuell im Bau (meist KKW-Gen 3+) und weitere 100 geplant. Gleichzeitig werden in den kommenden Jahren auch einige Anlagen stillgelegt. Tragische Unfälle wie Three Mile Island (1979), Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) haben die Geschichte der Atomenergie geprägt. Der Betrieb von Kernkraftwerken setzt eine hohe Sicherheitskultur voraus.

Übersicht Kernkraftwerke weltweit:

  • Rund 430 in Betrieb
  • 60 aktuelle im Bau
  • Mehr als 100 geplant
  • Einige in den kommenden Jahren stillgelegt

Abfallproblematik

Die Menge an hochradioaktivem Abfall ist sehr klein im Verhältnis zur produzierten Strommenge (Gösgen, Leibstadt ca. 20 Tonnen pro Jahr bei 4% Anreicherung). Aus diesen Abfällen könnte in zukünftigen, modernen Anlagen (Generation IV) zusätzliche Energie gewonnen werden.

Die Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) hat in der Schweiz die Aufgabe, eine Lösung für die sichere Tiefenlagerung zu realisieren. Dazu wurde ein robustes und sicheres Lagerkonzept erarbeitet und ein möglicher Standort identifiziert. Die nötigen Bewilligungen werden in den nächsten Jahren beantragt.

Kosten

Die Baukosten für neue Kernkraftanlagen (Gen 3+) mit typischerweise 1’600 MW Leistung betrugen in den letzten Jahren zwischen CHF 5 bis 13 Milliarden. Die Stromkosten sind vergleichsweise tief und werden aufgrund der längeren Laufzeit und vernachlässigbar tiefen variablen Kosten in Zukunft noch weiter sinken.

Schweizer Atomkraftwerke

Die Anlagen in Beznau 1 und 2 (Gen 2) sowie Gösgen und Leibstadt (beide Gen 3) produzieren ca. 37 % des Schweizer Stroms. Im Gegensatz zu den erneuerbaren Energien Solar und Wind liefern Atomkraftwerke rund um die Uhr und über das ganze Jahr konstant Strom und sind als Bandenergielieferanten zurzeit (besonders im Winter) unverzichtbar. Seit Jahren werden die Werke regelmässig auf den neusten Stand der Technik nachgerüstet und vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) sicherheitstechnisch überwacht.

Aus technischen Gründen werden Atomkraftwerke nach 60–80 Betriebsjahren stillgelegt. In der Schweiz ist ein Ersatz vorerst nicht vorgesehen. Der Bau neuer KKW ist seit der Volksabstimmung zur «Energiestrategie 2050» von 2017 verboten.

Zukunft der Atomenergie

Die Weiterentwicklung der Nuklearenergie wurde seit 1980 stark vernachlässigt. Gründe dafür waren die erodierende öffentliche und politische Akzeptanz und die Verfügbarkeit billiger fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas. Erst seit 15 Jahren, mit dem Bewusstsein der CO2-Problematik, wird wieder intensiv an neuen Anlagetypen (Gen 4) geforscht. Dabei stehen die Reaktorsicherheit, die Reduktion langlebiger nuklearer Abfälle und die Kosten im Vordergrund.

Reaktoren auf Thorium-Basis (statt Uran) und kleinere, industriell gefertigte Reaktoren (SMR) stehen vor der Inbetriebnahme. Federführend sind dabei insbesondere China, Russland, USA, Japan, Korea und Frankreich. Auch an sogenannten Fusionsreaktoren wird geforscht. Mit einer «Sonnenreaktion» (bei Verschmelzung von Wasserstoffisotopen zu Helium wird Energie frei) soll das Problem langlebiger Abfälle überwunden werden. Bis zur Marktreife dieser Reaktoren wird es jedoch noch Jahrzehnte dauern.

Generation bezeichnet den ursprünglichen Entwicklungsstand und inhärenten Sicherheitsgrad des Reaktortyps.

Aktuell werden Reaktoren der Gen 3+ installiert. Reaktoren der Gen 4 befinden sich in der Forschung und Entwicklung. Dabei stehen die Reaktorsicherheit, die Reduktion langlebiger nuklearer Abfälle und die Kosten im Vordergrund.

Vor- und Nachteile

Vorteile

Zuverlässige Bandenergie

CO2-freie Stromproduktion

Tiefe Gestehungskosten ca. 7–10 Rp./kWh

Höchste Energiedichte

Versorgungssicherheit

Abwärme nutzbar

Hohes Innovationspotenzial mit neuen Reaktortechnologien

Nachteile

Hohe Investitionskosten

Umstrittene politische und öffentliche Akzeptanz

Langer Zeithorizont für Planung, Bau, Betrieb

Abfallentsorgung aufwändig

Staatliche Rückversicherung notwenig

Themenbereiche

Schweizer Energieversorgung

Strommarkt

Wasserkraft

Atomkraft

Solarenergie

Windkraft

Gaskraft

Energiespeicherung

Glossar